Rundreise #3 — Zurück in der Zivilisation

Nun bin ich endlich wieder in der Zivilisation. Genau genommen eigentlich seit Donnerstag (19.11.), auch wenn ich in Glenorchy keinen Handyempfang hatte. Doch ich fange am besten mal von ganz vorne an – also ab Te Anau.

Hollyford Track

Nach der Busfahrt den Milford-Highway hoch wurde ich am Ende der Hollyford Road abgesetzt und habe bei strahlendem Sonnenschein und perfektem Wanderwetter meinen Weg in die Wildnis gestartet. Mein Rucksack war mit dem Essen und meiner gesamten Ausrüstung geschätzte 27kg schwer. Zu schwer, wie ich im Laufe des Tages feststellen musste, denn nach etwa drei Stunden auf dem sehr gut ausgebauten und gepflegten Wanderweg war ich an der ersten Hütte, Hidden Falls Hut, angekommen. Da es schon 4Uhr Nachmittags war, entschied ich mich gegen das Weiterlaufen.

Am nächsten Tag ging es dann jedoch weiter und ich habe die Strecke zur längsten Hängebrücke des Fiordlandes in einer recht flotten Zeit geschafft. Da der Tag noch lang war bin ich bei immer noch perfektem Wetter weiter gelaufen. Fünf Stunden später war ich dann erschöpft und mit schmerzenden Blasen am Lake McKerrow Island Hut angekommen. Der Weg hinter der Brücke war alles andere als ausgebaut und lässt sich am besten als Wildwechsel bezeichnen – von Tieren, denen es nichts ausmacht über moosbewachsene und rutschige Steine und Wurzeln zu klettern. Der Name Demon Trail kommt nicht von ungefähr.

Nach einem geselligen Abend mit zwei DoC-Arbeitern in der Hütte (draußen waren zu viele Sandflys) ging es für mich dann am nächsten Tag den gleichen Weg wieder zurück, denn meinen Ruhetag wollte ich am Lake Alabaster machen, um dann mit zwei leichten Wandertagen wieder raus zu sein. Da es über Nacht geregnet hatte, musste ich echt aufpassen, denn der felsige Weg war noch rutschiger geworden. Glücklicherweise hatte es nicht sehr stark geregnet, und die Bachüberquerungen wurden nicht zu unüberwindlichen Flussüberquerungen. Gegen Nachmittag war ich dann am Lake Alabaster Hut angekommen und bei leichtem Wind und Sonnenschein bin ich in den See gesprungen. Es war kalt! Aber erfrischen, doch hatte ich mich gesputet, nicht zu lange mit viel blanker Haut draußen zu sein. Sandflys …

Der Samstag war dann total verregnet und ich habe mich in der Hütte mit dem Lesen der Hut-Lektüren (Ordner mit vielen Informationen über die Flora, Fauna und Geografie der Region) beschäftigt. Abends bekam ich dann etwas vom Trout ab, den eine Gruppe Jäger am Morgen geschossen (!) hatten. Man war das lecker!

Am nächsten Morgen (Sonntag) war der See um einen halben Meter angestiegen – man bedenke, dass der See 7km lang und zwischen 50 und 300m breit ist und es lediglich einen Tag und eine Nacht geregnet hat. Der leichte Nieselregen machte das Hollyford-Tal zu einem wahren Traum und es hatten sich viele Wasserfälle die Berghänge hinunter gebildet. So konnte ich ein paar “Vorher-Nachher”-Bilder machen. Beeindruckend!

In meiner letzten Nach im Hollyford-Tal war die Schneefallgrenze auf 600m heruntergezogen und der Anblick der Berge am Montagmorgen war überwältigend.

Am Montag bin ich dann “rausgelaufen” und zwei alte Kiwis aus der Nähe von Gore, die ich am Lake Alabaster getroffen hatte, haben mir eine Fahrt die Hollyford-Road hinauf zur Divide gegeben. Von dort bin ich dann die erste Stunde des Routeburn-Track hoch zum Lake Howden Hut, wo ich die Nacht über geblieben bin. Ich hätte auch noch ein kleines Stückchen weiter zum Campingplatz laufen können, doch in der Nacht sollte es regnen und sehr kalt werden. Immerhin war ich auf 600m. Somit habe ich NZ$45 gezahlt, um in dem Great-Walk-Hut bleiben zu können.

Caples Track

Am Dienstag bin ich dann in den Caples aufgebrochen. Nach einer Stunde wurde es dann auch schon sehr interessant und ich habe lange gezögert, ob ich wirklich weiter gehen soll oder doch besser den deutlich einfacheren aber etwas längeren Greenstone Track nehmen soll. Grund war eine kleine Sumpfüberquerung, bei der ich etwa drei bis vier Meter durch knietiefes eiskaltes Wasser laufen musste. Einen Weg drumherum hatte ich vergeblich gesucht. Doch es half alles nichts, denn ich wollte über den subalpinen MacKellar Sattle (950m) laufen. Etwa eineinhalb Stunden später hatte ich den steilen und wurzeligen Aufstieg geschafft und wurde bei blauem Himmel und Sonnenschein mit einer gewaltigen Aussicht belohnt. Vier Stunden und 14 Bachüberquerungen (von mehr als 1m Breite) später und 500 Höhenmeter tiefer erreichte ich dann das Upper Caples Hut, wo ich die Nacht verbrachte.

Der nächste Tag war ein leichter Spaziergang von vier Stunden durch das flache* Caples Tal. Ich hatte mir viel Zeit zum Fotografieren gelassen und das schöne Wetter voll genossen. Der Abend am *Mid Caples Hut war wieder einmal sehr gesellig mit einem jungen finnischen und einem Mitt-Vierziger Kiwi-Pärchen. Nun war ich genau eine Woche in der Wildniss und war froh, bald wieder hinauszukommen.

Am Donnerstag hatte ich auch wieder recht viel Zeit, denn das Wassertaxi vom Ende des Tracks hinüber nach Glenorchy kam um 14Uhr und der Weg nur zwei bis drei Stunden lang. So konnte ich mir wieder viel Zeit lassen und meine schmerzenden und riesigen Blasen an den Versen schohnen.

Alles in Allem hatte ich wirklich ein riesien Glück, denn in der wohl regenreichsten Region Neuseelands hatte ich in acht Tagen lediglich zwei mit etwas, das man als Regen bezeichnen kann.

Glenorchy

Ich war echt froh, wieder “draußen” zu sein, doch war ich etwas enttäuscht, denn ich hatte keinen Handyempfang. Die richtige Zivilisation fängt halt erst 50km weiter in Queenstown an. Aber nichts desto trotz genoss ich die heiße Dusche und richtiges Essen in vollen Zügen. Nach acht Tagen Instant-Nudeln und -Kaffee gönnte ich mir eine große Portion Fish’n’Chips und einen Long Black. Herrlich!

Die Nacht verbrachte ich auf dem Zeltplatz für NZ$10, um etwas Geld zu sparen, denn die nächsten Tagen sollten teuer genug werden, da ich Besuch von meiner Freundin aus Dunedin bekam und mit ihr nicht unbedingt im Zelt schlafen wollte.

Am nächsten Tag schlug das Wetter dann gegen Abend um und von der Sonne war nichts mehr zu sehn. Wir genossen so gut es ging noch den restlichen Tag in Glenorchy (sprich: Gle-ne-ki). Bei recht traurigem Wetter fuhren wir am Samstag dann hinaus ins Paradise (der Ort heißt wirklich so) – zumindest versuchten wir es. Leider wollten wir mit unserem Auto nicht versuchen durch eine 5m breite Furt zu fahren. Und so fuhren wir weiter nach Kinloch und versuchten uns vorzustellen wie vor einigen Jahren große Filmteams hier im weiten und flachen Dart- und Rees-Tal Dreharbeiten zu Herr der Ringe und Chroniken von Narnia sowie X-Man machten.

Queenstown und Arrowtown

Die Strecke von Glenorchy nach Queenstown ist atemberaubend und führt die gesamte Zeit am Ufer des Lake Wakatipu entlang. Da das Wetter am Samstag Nachmittag wieder besser und sonniger wurde, ließen sich einige schöne Aufnahmen machen. Queenstown selbst erschlug mich etwas: Hilfe Turi-Hochburg! Die Stadt hat etwa 13.000 Einwohner aber bietet Unterkunft für schätzungsweise 50.000 Touristen. Und so fügten wir uns in das Leben vor Ort und schlenderten durch die Massen.

Bei tollem Wetter und Sonnenschein pur liefen wir am Sonntag den Queenstown Hill (800m) hinauf und hatten eine wunderschöne Aussicht auf den See. Nachmittags fuhren wir noch hinaus nach Arrowtown und besuchten die zweite Turisten-Hochburg in der Region. Immerhin ist Arrowtown meines Erachtens etwas schöner als Queenstown, doch Kaufen sollte man hier nichts: Viel zu teuer.

Abends gönnten wir uns dann ein Abendessen beim Mexikaner, denn unsere Unterkunft in dem schönen Deco’s Backpackers war mit 50$ für zwei Nächte pro person wirklich günstig. Doch auch das Essen war mit 21$ pro Person (inklusive Vorspeise und einem Glas wirklich gutem Sangria) auch alles andere als teuer.

Wanaka

Am Montag fuhren wir dann früh los nach Wanaka, denn wir wollten hinauf auf Roy’s Peak, einem 1.580m hohen Berg bei Wanaka (das auf etwa 200m liegt). Für die Wanderung planten wir sieben Stunden ein, die wir schließlich auch fast komplett benötigten. Die Sonne brannte kompromisslos und ich hatte mir einen Sonnenbrand im Nacken eingefangen. Die Aussicht vom Berg war als Belohnung für den vierstündigen Aufstieg absolut perfekt und Lake Wanaka erstreckte sich unter uns. Abends versuchten wir noch ein Eis in der Stadt zu bekommen, doch Wanaka ist einfach anders als Queenstown: Kleiner, schöner, ruhiger. Nach 18Uhr brauch man nicht versuchen, noch irgendetwas außer ein paar wenigen Restaurants zu suchen.

Nun ist Dienstag, meine Freundin ist wieder zurück nach Dunedin gefahren und ich sitze im Garten von Holly’s Backpacker und schreibe diesen Artikel. Morgen werde ich mit dem Bus weiter nach Haast fahren und endlich die Westküste erreichen. 16 Tage habe ich noch, bis ich in Christchurch sein muss.

In den nächsten Tagen versuche ich mal so langsam durch meine mittlerweile rund 1.000 gemachten Fotos zu kommen und zu sortieren. Vielleicht schaffe ich es sogar, ein paar hochzuladen. Versprechen kann ich leider nichts, denn das Problem mit Neuseeland und dem Internet besteht weiterhin.

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